Das Aître Saint-Maclou:
Fachwerk mit morbidem Charme

Fachwerkhaus in Rouen

Wer Rouen in der Normandie besucht, hat natürlich vor allem die weltberühmte gotische Kathedrale als Ziel. Doch die Hafenstadt an der Seine hat viel mehr zu bieten, was besonders die Herzen von Fachwerkfreunden höher schlagen lässt. Denn neben den Kirchen haben auch zahlreiche profane Fachwerkgebäude aus dem Mittelalter die Unruhen der frühen Neuzeit bis hin zu den Weltkriegen überstanden. Ein Gebäude sticht aufgrund seiner Geschichte aus der Menge der Fachwerkbauten heraus: das Aître Saint-Maclou. Heute befindet sich eine Kunsthochschule in dem dunklen Fachwerkbau, doch seine Geschichte ist vom Tod geprägt.

Als die Pest im Jahr 1348 mehr als drei Viertel der Bevölkerung Rouens dahinraffte, reichte der alte Friedhof nicht mehr aus und in auf dem Gelände neben der Kirche Saint Maclou wurden die Leichen unabhängig ihres sozialen Standes in einem Massengrab beigesetzt.

Nachdem sich die Stadt von der Pest erholt hatte, wurde das Massengrab in verschiedenen Bauabschnitten von Galerien umgeben, so dass ein Atrium entstand. Im Jahr 1526 wurde der Westflügel gebaut. In den Jahren 1529 und 1533 folgten der Bau der Nord- und der Ost-Galerie.

Fachwerkhaus in Rouen

Als im 16. Jahrhundert der schwarze Tod zurückkehrte und ihm zwei Drittel der Bevölkerung Rouens erlagen, wurde neuer Platz auf dem Friedhof benötigt. Also wurden die alten Gebeine exhumiert und die Galerien dienten bis 1705 als Beinhäuser. Diese Funktion ist heute noch an den Schnitzereien des Ständerwerks zu erkennen, Die Balken zeigen morbide Abbildungen von Totenköpfen, Särgen, Spaten und Spitzhacken.

Im Jahr 1651 wurde das Atrium mit dem Bau des Südflügels vollendet. Dieser diente als Armenschule für Jungen.

Im Mittelalter war es durchaus üblich, ein Bauopfer darzubringen. Dafür wurden häufig Tiere mit eingemauert. So auch beim Bau des Aître Saint Maclou Bei Restaurierungsarbeiten wurde in einer Außenmauer eine mumifizierte Katze gefunden, die heute in einer Vitrine am Eingang ausgestellt wird. Das Einmauern von Tieren sollte Krankheiten vom Gebäude fernhalten. Angesichts des Eindrucks, den die schwarze Pest bei den Überlebenden hinterlassen hat, war das Bauopfers ein aus damaliger Sicht durchaus nachvollziehbarer Schritt.

Heute befindet sich im Innenhof des Aître Saint-Maclou ein kleiner Park, der zum Gedenken einlädt. Einst hatte jede Stadt in Europa einen solchen Ort – der in Rouen ist als einziger übrig geblieben.

Fotos: „Aitre“, licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons
By Man vyi (own photo) [Public domain], via Wikimedia Commons

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