Erbbaurecht – wie funktioniert das eigentlich?

Grund und Boden wird immer knapper und immer teurer. Es macht deshalb durchaus Sinn, ein Grundstück im Erbbaurecht, also sozusagen auf Frist zu erwerben und darauf ein Haus zu bauen. Bei einem Grundstückspreis von 50.000 € müßten bei normaler Finanzierung (durchschnittlicher Hypothekenzins 8,5 % plus 1 % Tilgung) jährlich 4.700 € gezahlt werden.

Bei einem Erbbauzins von 4 % fallen aber nur 2.000 € im Jahr an. Weil gerade in der Anfangsphase Zins und Tilgung besonders drücken, wird sicherlich jeder Bauherr eine monatlich Entlastung von etwa 240 € - wie in diesem Beispiel errechnet - dankbar begrüßen. Da Grundstückspreise von 52.000 € eher am unteren Rand der Preisskala liegen und in großstädtischen Bereichen oft soviel kosten wie das ganze Haus, kann man sich leicht ausrechnen, um wieviel günstiger die Belastung ausfällt, wenn man normalerweise 150.000 € und mehr auf den Tisch legen muss.

Was ist eigentlich ein Erbbaurecht?

Auf einem Grundstück, dass Sie im Erbbaurecht nutzen dürfen, können Sie ein Gebäude errichten. Aber nur in dem Umfang, wie es vertraglich beschrieben worden ist - also etwa Eigenheim, Doppelhaus, Mietshaus mit Garage(n), Reihenhaus. Achten Sie aber darauf, dass Ihnen als Käufer keine zu engen Deklarationen abverlangt werden - etwa hinsichtlich der Größe des Hauses oder der Bauweise. Das könnte Sie unnötig einengen.

Ihr Erbbaurecht können Sie sowohl veräußern als auch vererben. Kündigen können aber weder Sie noch der Grundstückseigentümer während der Laufzeit - und die beträgt fast immer 99 Jahre.

Das Erbbaurecht gibt dem Rechteinhaber eine fast gleichwertige Stellung wie einem "richtigen" Grundstückseigentümer. Der Vertrag muss vor einem Notar abgeschlossen und ins Grundbuch eingetragen werden, in diesem Fall in das sog. Erbbaugrundbuch.

Wie kommt man an Erbbaugrundstücke?

Nun, gelegentlich werden sie von Gemeinden und Städten insbesondere für sozial schwache oder kinderreiche Familien angeboten - fragen Sie also beim Liegenschaftsamt nach und halten Sie einen guten Kontakt zu den in Ihrem Bezirk gewählten Mitgliedern des Stadtparlaments. Noch besser ist der gute Kontakt zum Pfarrer, denn die Kirchen, insbesondere die katholische Kirche, sind die größten Grundbesitzer Deutschlands. Natürlich stehen Ihre Chancen gut, wenn Sie aktiv in der Gemeinde mitarbeiten, vielleicht sogar im Kirchenchor singen - und besonders schlecht, wenn Sie aus der Kirche ausgetreten sind. Das mag sich sarkastisch anhören, ist aber Realität.

Wie hoch sind die Erbbauzinsen?

Wenn Sie sehr viel Glück, wenig Geld und eine Menge Kinder haben, dann können Sie auf 2 bis 3 % hoffen, wie es gelegentlich die Kommunen fordern, wenn sie Parzellen an kinderreiche Familien abgeben. Ansonsten müssen Sie mit 4 bis 6 % rechnen. Für das Erbbaurecht gilt also: Je höher der Zinssatz für normale Hypotheken und je niedriger der Erbbauzins, je besser stehen Sie da.

Aber aufpassen müssen Sie bei der Vertragsabfassung schon, denn der Zinssatz wird fast immer mit einer Anpassungsklausel verknüpft. Wird nichts besonderes vereinbart (und das wäre die Ausnahme von der Regel), dann gilt der einmal festgelegte Erbbauzins sozusagen auf ewig - es sei denn, die Lebenshaltungskosten haben sich nach Abschluß des Vertrags auf 150 % erhöht oder die Kaufkraft ist um 60 % gesunken. Dann darf (laut Bundes-gerichtshof) der Zins angepaßt werden. Das ist aber - wie gesagt - die große Ausnahme. Der Grundstückseigentümer wird also verlangen, dass Zinsanpassungsklauseln in den Vertrag kommen.

Nach § 9a der Erbbaurechtsordnung darf diese Anpassung aber nicht über die "allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse" hinausgehen und auch nur alle drei Jahre gefordert werden. Achten Sie also darauf - um spätere Meinungsverschiedenheiten zu vermeiden -, dass diese Klauseln an einen amtlichen Index gekoppelt werden. Das könnten sein der Diskontsatz der Bundesbank, der Lebenshaltungskostenindex oder der sog. Warenkorb des statistischen Bundesamtes.

Unser Tipp: Koppeln Sie die Steigerungsklauseln nicht an den örtlichen Mietspiegel, das ist in aller Regel ungünstig.

Wem gehört das Gebäude? Kann ich verkaufen?

Der sog. Erbbauberechtigte ist Eigentümer des Gebäudes. Er (oder seine Nachkommen) können es umbauen, sanieren oder abreißen und wieder neu aufbauen. Natürlich geht das Eigentum an dem Gebäude auf einen anderen über, wenn das Erbbaurecht verkauft wird. Man kann also nicht das selbstgebaute Haus solo verkaufen und das Grundstück im Erbbaurecht "behalten". Aber man kann natürlich das Haus vermieten.

Was den Verkauf betrifft, haben sich einige Spielregeln herauskristallisiert. Es ist Usus, in einen Erbbauvertrag hineinzuschreiben, dass bei einem Hausverkauf die schuldrechtlichen Verpflichtungen aus dem Erbbauvertrag an den Erwerber übergehen. Fehlt dieser Passus, kann der Grundstückseigentümer die Zustimmung zum Weiterverkauf verweigern.

Bei Abschluß des Erbbauvertrags besteht der Grundstückseigentümer meistens darauf, dass das Erbbaurecht samt Haus nicht weiterverkauft werden darf ohne seine Zustimmung. Die kann er eigentlich nur dann verweigern, wenn er nachweist, dass der neue Käufer in solch schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, dass er die Verpflichtungen aus dem Erbbauvertrag aller Voraussicht nach nicht erfüllen kann, dass also der Erbbauzins in Gefahr ist.

Unser Tipp: Schauen Sie sich, wenn Sie irgendwann einmal Ihr Haus und damit das Erbbaurecht verkaufen wollen, nach einem solventen Interessenten um, dann kann Ihnen der Grundstückseigner keine Schwierigkeiten machen.

Die Heimsuchung mit dem Heimfall

Das einzige, was gegen das Erbbaurecht sprechen könnte, ist der sog. Heimfall. Darunter werden Gründe verstanden, bei deren Eintreten das Grundstück dem Eigentümer wieder "anheim" fällt. Private Grundstückseigentümer wollen möglichst viele mögliche Gründe in den Vertrag schreiben, bei deren Eintreten das Grundstück samt Haus - natürlich gegen Zahlung einer Entschädigung - an sie zurückfallen. Kommunen und Kirchen sind da etwas zurückhaltender. Wenn es denn überhaupt wegen Erbbauangelegenheiten zum Rechtsstreit kommt, dann betrifft es meistens den Heimfall.

Denn der eine oder andere Grundstückseigentümer kommt schon auf die Idee, sich aus verschiedensten (auch vorgeschobenen) Gründen das Grundstück mit Haus aneignen zu wollen. Dringender Eigenbedarf ist - wie bei Mietverhältnissen - ein solcher Grund. Schließen Sie also schon im Vertrag von vornherein die "durchsichtigen" Heimfallgründe aus und beschränken Sie diese auf Kernsätze etwa dergestalt, dass ein Heimfall nur stattfinden kann, wenn das Gebäude nicht fristgerecht errichtet, zweckentfremdet (z.B. als Saunaclub) genutzt oder verwahrlost wird.

Unser Tipp: Der Notar wird häufig vom Grundstückseigentümer vorgeschlagen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass dieser den Vertrag zu sehr zu Ihren Ungunsten ausgestaltet hat, so setzen Sie Ihre Änderungswünsche durch oder bestehen Sie auf einen anderem Notar. In diesem Fall kann es aber Rangeleien mit der anderen Partei geben, wer denn die Gebühr bezahlen soll, die der "alte" Notar auch für seinen Vertragsentwurf beansprucht. "Idealerweise" haben Anwälte, Notare und Architekten einen gesetzlich definierten Anspruch auf Vergütung, ganz gleich, wie gut oder schlecht eine Klagebegründung, ein Vertragsentwurf oder eine Bauzeichnung ist.

Was ist mit den Erschließungskosten?

Wie bei einem richtigen Grundstückskauf gehen die öffentlichen Lasten auf den Käufer bzw. in diesem Fall auf den Erbbauberechtigten über. Allerdings kann es allerböseste Überraschungen geben, wenn die Frage der Erschließungskosten nicht vertraglich geregelt ist. Was sind Erschließungskosten? Nun, das sind alle Kosten, die der Gemeinde entstanden sind, um das Grundstück zu "erschließen", also vor allem Kosten des Straßenbaus und der Kanalisation. Es kann aber viele Jahre dauern, bis eine Bauverwaltung z.B. den Ausbau einer Zufahrtsstraße abrechnet. Regeln Sie also in Ihrem Erbbauvertrag, wer für welche öffentlichen Lasten bis zu welchem Zeitpunkt aufkommen muss - dann können Sie u.U. fünfstellige Beträge und den Weg in eine gerichtliche Auseinandersetzung ersparen.

Was passiert nach 99 Jahren?

Zunächst einmal ein ganz sachlicher Hinweis. Wer ein Haus baut, hat in der Regel das 30. Lebensjahr überschritten. Stellen wir uns ein Ehepaar vor - er 35, sie 30, das Kindchen 2 Jahre alt. Nun, wenn der Erbbauvertrag ausläuft, dann müßte das Kindchen schon 102 Jahre alt geworden sein, wenn es denn "Haus und Hof" verlieren sollte.

Man sollte sich also keine Gedanken um das Erbbau-Haus der Kinder und auch nicht um das der (vielleicht noch gar nicht geborenen) Enkelkinder machen, die bei Ablauf des Vertrags dann günstigstenfalls auch schon in den 70-ern sind.

Um aber einen Irrglauben auszurotten: Das von Ihnen errichtete Gebäude geht nach 99 Jahren zwar auf den Grundstückseigentümer über - der muss dafür aber an Ihre Erben, sofern diese das Haus dann noch besitzen und es nicht mit dem gesamten Erbbaurecht schon weiterverkauft haben, eine Entschädigung bezahlen. Die muss dann dem Marktwert des Hauses in 99 Jahren entsprechen. Sinnvoll ist, eine Kaufoption auf das Grundstück in den Kaufvertrag einzubauen. Es könnte ja sein, dass der Grundstücksinhaber nach 20 Jahren verkaufen will. An Ihre Enkel oder Urenkel sollten Sie dabei aber nicht denken, denn ob diese das Grundstück überhaupt jemals kaufen wollen, wissen Sie nicht. Deshalb sollte es Ihnen ziemlich egal sein, was nach 99 Jahren mit dem Grundstück und dem Haus geschieht. Vielleicht zanken sich dann vier Erben vor Gericht, wer will es wissen?

Völlig weltfremd ist deshalb ein vertragliches Vorrecht auf Verlängerung des Erbbaurechts. Das sind unsinnige Dinge, über die Juristen eine Doktorarbeit schreiben dürfen - aber wollen Sie schon Vorsorge für Ihre Urururenkel treffen?

Wie ist das mit Ankaufsrecht und Ankaufspflicht?

Wenn sich der Grundstückseigentümer darauf einläßt (und hier sind die Kommunen in der Regel großzügiger als die Kirchen), dann können Sie ein Ankaufsrecht in den Erbbauvertrag aufnehmen lassen. Dann sollten Sie aber einen Ausgangswert festlegen und diesen - ähnlich dem Erbbauzins - an einen Index koppeln. Auch die Zahlungsmodalitäten sollten festgelegt und ins Erbbaugrundbuch eingetragen werden. Ein Vorkaufsrecht hingegen ist Schall und Rauch, denn es nützt nichts, wenn der Eigentümer gar nicht verkaufen will.

Wohnbauunternehmen, die auf Erbbaugrundstücken Häuser errichten, kommen manchmal im Zusammenspiel mit den finanzierenden Banken auf den Gedanken, dem Erbbauberechtigten eine Ankaufspflicht in den Vertrag zu schreiben. Hier ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste! Dann müssen Sie nämlich das Grundstück erwerben, wenn der Eigentümer dies verlangt und Sie vielleicht gerade besonders knapp bei Kasse sind. Bestehen Sie, wenn der Grundstückseigentümer nun auf keinen Fall davon ablassen will, dass in einem solchen Fall bestimmte Fristen in den Vertrag kommen - etwa dergestalt, dass eine Ankaufsverpflichtung frühestens nach 10 Jahren und längstens bis 20 Jahre besteht, sonst befinden Sie sich auf einmal im Rentenalter und möchten an sich lieber auf eine Weltreise gehen, anstatt ein Grundstück zu kaufen.

Unser Tipp jedoch: Verträge mit Ankaufspflicht lieber gar nicht unterschreiben!

Kann ein Erbbaugrundstück beliehen werden?

Grundsätzlich ja und (fast) ohne Probleme. Hypothekendarlehen werden natürlich nicht auf das Grundstück, sondern auf das Erbbaurecht eingetragen. Der Bauherr ist damit also ähnlich gestellt, als wenn er ein Kaufgrundstück hätte. Der Hypothekenkredit muss spätestens 10 Jahre vor Ablauf des Erbbaurechts getilgt sein - eine hypothetische Vorschrift, denn welche Bank finanziert ein Haus mit Grundstück über 89 Jahre?

Rangeleien können allerdings entstehen, wenn sowohl der Grundstückseigentümer seinen Zinsanspruch grundbuchlich im ersten Rang und die Bank ihr Darlehen ebenfalls an dieser Rangstelle abgesichert haben möchte. Hier behilft man sich mit einer sog. Stillhalteerklärung der einen oder der anderen Seite, die der Notar zu Papier bringen sollte.

Fazit: Trotz der vielen "wenn und abers" und der typisch deutschen Verkomplizierung einfacher Sachverhalte: Wenn Sie ein Erbbaugrundstück bekommen und im Vertrag die hier angeschnitten Punkte zu Ihren Gunsten niederlegen können, dann greifen Sie zu!

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