Das Mini-Fachwerkhaus des
Postschaffners Nettelmann

Wernigerode im Harz ist eine wunderschöne Fachwerkstadt – und gleich drei Museen sind in Fachwerkhäusern untergebracht. Das hat kaum eine andere Stadt zu bieten! Eines der Museen ist im kleinsten Fachwerkhaus der Stadt untergebracht. Zu sehen sind Ausstellungsstücke der damaligen Wohnverhältnisse. Und die waren reichlich beengt, jedenfalls was die Häuser für die sog. „kleinen Leute“ betraf.

Das putzige Mini-Fachwerkhaus wurde um 1750 im barocken Fachwerkstil erbaut. „Barock“ ist in diesem Fall eine merkwürdige Etikettierung, denn im Barock war alles üppig und groß. Die Schlösser groß, die Damen so üppig, wie Rubens sie gemalt hat. Solch üppige Damen hätten in dieses Häuschen womöglich gar nicht reingepasst, denn es ist bis zur Dachtraufe gerade mal 4,20 m hoch und 2,95 m breit. Die Türöffnung ist 170 cm hoch – Napoleon hätte durchgehen können, ohne den Kopf einziehen zu müssen. Ob er je in Wernigerode war, ist der Redaktion von fachwerkhaus.de nicht bekannt. Aber immerhin gibt’s in Wernigerode eine Szenekneipe mit seinem Namen.

Nach dem 1. Weltkrieg wurde das Mini-Fachwerkhaus von einem Postschaffner namens Nettelmann bewohnt. Der hatte ein Frau und zahlreiche Kinder, wie das damals halt so üblich war. Die schliefen in Stapelbetten und – soweit sie noch Babys waren – in herausgezogenen Kommoden-Schubladen. Das Nettelmann’sche Schlösschen hatte natürlich kein Badezimmer. Aber ein WC, einen sog. Plumpsklo im kleinen Gärtchen hinter dem Haus.

Da einem Sprichwort nach Platz in der kleinsten Hütte für ein glücklich liebend Paar ist, wollen wir annehmen, dass die Nettelmanns ein bescheidenes, aber glückliches Dasein fristeten. Wer solch ein Glück nachempfinden will, sollte das Museum im Mini-Fachwerkhaus besichtigen. Der Eintritt beträgt gerade mal 1 €.

Foto: Wernigerode Tourismus